
Lovers & Killers
... ein unentwirrbares Spiel mit Realitäten, Fiktion und Intertextualität. Wer will, kann sich viel dabei denken. (Hannoversche Allgemeine Zeitung)
... macht Spaß, wenn man die Tarantino-Grundlagen hat. Unwissende dürfen sich dafür am anarchischen Wortwitz erfreuen. (Neue Presse)
Alabama und Clarence (“True Romance“) sind ein leicht märchenhaftes Traumpaar. Malory und Mickey (“Natural Born Killers“) sind dagegen schon so etwas wie ein Alptraum, jedenfalls für ihre Mitmenschen, die eine Begegnung mit dem Paar selten überleben.
Und dann sind da noch die “Reservoir Dogs“ auf dem Weg zur “Arbeit“ oder Killer Vincent und Jules (“Pulp Fiction“). Die Helden aus Quentin Tarantinos Kultfilmen, sie alle kehren in “Lovers and Killers“ wieder. Commedia Futura erzählt mit dem Material und den Figuren eine eigene Geschichte um Liebe, Koks und Kanonen mit dem auch Tarantino eigenen Sinn für Komik und groteske Überspitzung.
Filmvorlagen für das Theater zu adaptieren, kann zu verblüffenden Ergebnissen führen: Es entsteht multimediales Theater von der bildhaften Dichte des Films, das doch die Unmittelbarkeit der Bühne bewahrt und so dem Zuschauer ein ganz neues Theatererlebnis bietet.
Gefördert von der Stadt Hannover, dem Land Niedersachsen und der Niedersächsischen Lottostiftung.
Premiere am 19. Mai 2001,
insgesamt 37 Aufführungen zwischen dem 08. Mai 2001 und 25. Mai 2002
COMMEDIA FUTURA OnTour:
08. Sep 2001 4. Niedersächsische Medientage Medus 2001 - Gender in der Mediengesellschaft Nienburg
Ensemble
Konzept: Peter Piontek,Wolfang A. Piontek
Inszenierung: Wolfgang A. Piontek
Regieassistenz: Katja Kemnade
Dramaturgie: Peter Piontek
Bühne: Carsten Schmidt
Kostüme: Miriam Busch
Musik: Dirk Bahl
Videos: Volker Schreiner
Lichtdesign: Wolfgang Denker
Die Harke | 10.09.2001
Liebe,Koks und Kanonen- aber ohne Biss
von Yasmin Karg

Hannoversche Allgemeine Zeitung | 21.05.2001
Geehrte Ganoven
von Johanna Di Blasi

Neue Presse | 21.05.2001
Geschnetzelter Tarantino
von /

Hannoversche Allgemeine Zeitung | 12.05.2001
Wenn Killer zu viel bügeln
von Stefan Stosch

Schädelspalter | 01.05.2001
Liebe, Koks, Commedia Futura
von /
Liebe ist stärker als der Tod, weiß bereits die Bibel. Oder dass der Tod sexy und die Liebe tödlich sein kann. Es gibt Femmes fatales und die altfranzösische Bezeichnung “petite mort” für den Orgasmus und Liebestod in alten und neuen Varianten. Romeo& Julia oder Tristan& Isolde haben eine Menge mit Power-Paaren wie Bonnie & Clyde zu tun. Killen macht scharf, geht in exzessiver Form aber nur, wenn man sich gegenseitig; ebenso exzessiv verfallen ist. Ihre Obsession umgibt die “Lovers and Killers” wie ein Schutzschild, unter dem Größenwahn, Gewaltbereitschaft und Realitätsverlust prachtvoll gedeihen können.
Steigert sich das zum quasi-religiösen Glauben an den Sieg der gegenseitigen Liebe über den Tod, der in den ultimativen Kick heroisch-suizidaler Todesverachtung mündet, dann werden die Liebes-Täter zum Mythos. Oder zeitgenössischer: zum Kult. Für den sind heute vor allem Filmemacher zuständig. Arthur Penns “Bonnie & Clyde" von 1967 (“They're young... they're in love...and they kill people”) bereitete eine Ästhetik vor, die Regisseure wie Oliver Stone (“Natural Born KilIers”) oder David Lynch (“Wild at Heart”) so virtuos radikalisieren, dass sie selbst zum Kult wurden. All diese Filme bilden den Hintergrund für “Lovers and Killers", das neue Projekt der Theatergruppe “Commedia Futura” in der Eisfabrik.
Ziel ist, der filmischen Sex-Crime und Blut-Ästhetik sowie den dazugehörigen Mythen strukturell und inhaltlich nachzuspüren, mit theatralischen Mitteln. Dabei konzentrieren sich Wolfgang Piontek als Regisseur und sein Cousin Peter Piontek als Dramaturg auf den Zeremonienmeister des Genres: Der Untertitel der Inszenierung: lautet also “Tarantino Samples"”. Aus Versatzstücken von Tarantino-Scripten wird eine eigene Story um „Liebe, Koks und Kanonen” geschmiedet.
Dass sich eine der Hauptfiguren darüber hinaus noch Quentin nennt (Partnerin Alabama stammt übrigens aus dem Film “True Romance“), ist nicht nur als Hommage zu verstehen, vielmehr möchten die Pionteks damit ein theatralisches Prinzip aktivieren, das sich auch in Tarantinos Filmen findet: das Spiel im Spiel (hier z.B. der Regisseur in seinem eigenen Film) und im weiteren Sinne die Verwirbelung dessen, was als real und was als virtuell gilt. Wolfgang Piontek verbindet diese Ebenenverschiebungen innerhalb der Kunst mit einer vorsichtigen Medienkritik, die sich auf die äußeren Wirkungen dieser Art von Ästhetik bezieht. „Die Realitätswahrnehmung besonders von jungen Menschen hat sich durch diese Art von Filmen verändert“, glaubt er. Das habe die paradoxe Konsequenz, dass man ausgerechnet im Kunstraum den zu sehr ans Zweidimensionale gewöhnten Zuschauern erst einmal wieder die konkrete reale Dimension von Schmerz, Blut und Gewalt vorführen müsse.
Man darf sich also jetzt schon mal auf eine Live-Inszenierung der berühmt-berüchtigten Ohrabschneiderszene aus „Reservoir Dogs“ gefasst machen. Allerdings sind die Pionteks zu erfahren und vielseitig, um sich auf Provokation und Publikumsmissbrauch zu beschränken. Immerhin betreiben sie schon seit 1982 „Medientheater auf herausragendem Niveau“. Verbissenes Theoriedurchboxen oder bemühte Dekonstruktion ist verpönt; es geht um Praxis und Spiel und, nicht zu vergessen, um Humor. Tarantinos vielfältige Zitatcollagen in ihrer Komik und grotesken Überspitzung lassen Peter Piontek einen „Abenteuerspielplatz“ assoziieren. Genau das kann der Zuschauer dann auch erwarten: einen multimedialen Abenteuerspielplatz mit Überraschungsgarantie und Tempo.
„Die Geschwindigkeit dieser Filme hat mich immer begeistert“, sagt Wolfgang Piontek, und er will die Techniken, die fürs Tempo sorgen für sein Theater nutzbar machen. Wie das geht, entscheidet sich oft bei den Proben selbst, „wo plötzlich die Antworten auftauchen, die man am Schreibtisch nie gefunden hätte.“ Ab dem 19. Mai sind die zu sehen. Und die Fragen hoffentlich auch. Nur Antworten wären ja langweilig.
Spielzeit | 01.05.2001
Liebe, Koks und Kanonen
von Johanna Di Blasi