
up to 70 cm
"was die zwei Tänzerinnen und zwei Tänzer ... zeigten, war ... absolut überzeugend" (Weserkurier)
„Das Publikum wird unmittelbarer Zeuge verzagten Annäherns und heftiger Umarmung zwischen Menschen, einsamem Rückzug in sich selbst und übermütigem Kampf um Raum", schrieb die Hannoversche Allgemeine Zeitung nach der Premiere von „up to 70 cm". Das Stück bringt den ewigen Tanz von Nähe und Distanz auf die Bühne, erzählt von Annährungen und dem Versuch, sich abzugrenzen, um sich nicht zu verlieren, „akrobatisch, temporeich, manchmal auch archaisch und subtil". „Die Choreographie von Felix Landerer ist ein Genuß, der die Sinne anregt" (GelbeSeiten.de)
Gefördert von der Stadt Hannover, dem Land Niedersachsen und der Niedersächsischen Lottostiftung.
Premiere am 30. Jun 2007,
insgesamt 17 Aufführungen zwischen dem 12. Mai 2007 und 26. Jul 2009
COMMEDIA FUTURA OnTour:
12. Jul 2007 XtraFrei - Festival für freie zeitgenössische Tanzprojekte im Rahmen des norddeutschen Tanztreffens Bremen
13. Okt 2007 Tanz unterm Dach Opernhaus Hannover
26. Jul 2009 10th dance & non-verbal theatre festival San Vincenti, CR
Tänzer
Idee, Choreographie: Felix Landerer
Live-Musik: Jan Müller, Henning Zimmermann
Dramaturgie: Peter Piontek
Assistenz: Lasse Marburg
Bühne: Till Kuhnert
Lichtdesign: Wolfgang Denker
Videos: Volker Schreiner
Kostüme: Maren Lepping

gelbeseiten | 16.07.2007
Commedia Futura: "up to 70cm" Theaterkritik
von Sabine Scholz

Hannoversche Allgemeine Zeitung | 02.07.2007
Auf den Tischen tanzen
von Kerstin Hergt
Felix Landerer choreografiert für die Commedia Futura in der Eisfabrik
Sie ist sich selbst die Nächste. Zwei Kerle liegen ihr, die auf einem Tisch steht, buchstäblich zu Füßen. Doch während sich die Männer mit aberwitzigen Verrenkungen zu Affen machen, um Aufmerksamkeit zu erhaschen, streicht sich Madame selbstversunken über den schönen Hals und die schmale Taille. Sie hat keinen Blick übrig für den Männerzirkus um sie herum. So kommen sich immerhin die beiden Typen näher, indem sie sich immer weiter von der Vorstellung entfernen, die Frau zu beeindrucken. Aus ihren Balztanzeinlagen wird ein Duell: „Sieh her, kannst du das, wie findest du dies?“ rufen sie sich zu, bis sie vor Erschöpfung zusammensinken. Diese Szene könnte fast ein ganzes Stück tragen, ist jedoch nur eine von vielen Sequenzen, aus denen sich Felix Landerers Choreografie „Up to 70 cm“ über das Verhältnis von Distanz und Nähe phantasievoll zusammensetzt, Landerer, ehemals Tänzer unter Stephan Thoss an der Staatsoper Hannover, hat die Produktion eigens für die Commedia Futura in der Eisfabrik kreiert. Und die Tanztheaterfans kamen in Scharen.
Es herrschte „Intimdistanz“ in den Sitzreihen, was laut Programmheft weniger als einen halben Meter Abstand voraussetzt, an diesem Abend aber sogar die Zehn-Zentimeter-Marke kaum überstieg. Zwischen Tänzern und Publikum bestand zwar „Ansprachedistanz“, was einer Entfernung ab drei Metern entspricht, doch gelang es Katharina Wunderlich, Henrik Kaalund, Anja Spitzer und Armando Morais mit ihrer fesselnden und eindringlichen Darbietung, die Distanz zu den Zuschauern aufzuheben. Das Publikum wird unmittelbar Zeuge verzagten Annäherns und heftiger Umarmung zwischen zwei Menschen, einsamen Rückzug in sich selbst und übermütigem Kampf um Raum.
Immer wieder turnen die Tänzer um und auf Tischen, deren weiße Oberfläche gleichzeitig als Projektionsfläche für Videoeinspielungen dienen, doch mit multimedialen Effekten geht Landerer zum Glück sparsam um. Seine Sprache ist die der Bewegung auf der Bühne: akrobatisch, temporeich, manchmal auch archaisch und subtil. Die psychedelisch angehauchte Musik dazu liefern Jan Müller und Henning Zimmermann mit Gitarre und Keyboard. Doch auch wenn es mal lauter wird, rückt die Musik doch nie den Tanz in den Hintergrund. Lang anhaltender und gar nicht distanzierter Beifall.

Neue Presse | 02.07.2007
Bebende Grenztänze
von Uwe Kranz
Felix Landerer mit "up to 70cm" in der Eisfabrik
„|ch musste früher oft mit meiner Cousine duschen - es waren die schönsten Minuten", sagt ein junger Mann, projiziert auf eine Video-Leinwand. Die restliche Bühne in der ehemaligen Eisfabrik (Südstadt) liegt im Dunkeln.
Neben ihm ein Mädchen, es erinnert sich: „In der Schule hat ein Junge so gestunken, dass niemand ihm nahe sein wollte." Nähe. Wie viel erträgt ein Mensch davon? Wann wirkt sie anziehend - wann abstoßend?
Undefinierte persönliche Grenzen, Intimsphären, mit denen sich Felix Landerer in seiner Choreografie „up to 70 cm” auseinandersetzt. Vor ausverkauftem Haus feierte das eindringliche Stück der Theatergruppe Commedia Futura Premiere.
Die Video-Leinwand reißt auseinander, Licht flutet die Bühne. Vier Tänzer, bisher hinter der Projektionsfläche verborgen, winden ihre Körper zu mystischen Klängen. Den drogengeschwängerten Doors-Songs recht ähnlich, will die Musik jedoch nicht so recht passen. Mit Hilfe von Tischen bilden die Künstler stetig neue Räume, drehen und verengen, ziehen und kippen sie. Dazwischen bebende Leiber. Beklemmung und Angst, Euphorie, Begierde, die Protagonisten geben viel, bieten hochemotionales Spiel. Der Höhepunkt naht, sie liegen aufeinander - Schmatzen, Stöhnen und Schnauben, da hämmert die E-Gitarre los. Warum jetzt? Doch trotz deplatziert wirkender Musik insgesamt eine überzeugende Choreografie.