Ein gelungener Versuch, sich mit einem Thema, das uns auf den Nägeln brennt, künstlerisch auseinanderzusetzen. (HAZ)

“Machtwandler“ erzählt die Vision vom ewigen Spiel um die Macht, vom Erscheinen der Göttin mit ihrem Boten “Herrschaft und Schrecken“. Es zeigen sich monotone Arbeitswelten, Freizeitstrände im Sonnenlicht und moderne Cocktailparties im Stil der Schönen Neuen Welt. Die ständigen Nomierungsrituale scheinen zu funktionieren bis zu dem Moment, da die Macht ihren Lebensraum verliert und als Ohnmacht des eigenen Systems den Weg zur Apokalypse freigibt.

Ausgehend von Orwells “1984“ und Huxleys “Schöne Neue Welt“ wurde Material gesammelt: Fotos, Textzitate; jede Spur, die weiterführte, wurde verfolgt. Der experimentelle Charakter der Probenarbeiten hat insofern seinem Ausdruck im Stück gefunden, als ein Teil der Szenen inhaltlichen Freiraum für Improvisationen und Zufälle behält, während andere fest choreographiert sind , um die Handlung linear weiterzuführen. Ähnliches gilt für Text, Bühnenbild und Musik.

Das transportable Bühnenbild hängt an einem “metallenen Faden“, aufknüpfbar und für jede Raumsituation variabel verwendbar. Hinzukommen raumbetonende Objekte (Kommentatorenstuhl, Normierungzellen etc.), die zusätzlich den Zuschauerraum und die Bühne zu einem gemeinsamen erlebbaren Raum machen.

 

 


Premiere am 16. Mär 1984,
insgesamt 6 Aufführungen zwischen dem 16. Mär 1984 und 05. Jul 1984

COMMEDIA FUTURA OnTour:
16. Mär 1984 Lister Turm Hannover
17. Mär 1984 Lister Turm
23. Mär 1984 Lister Turm
06. Apr 1984 Lister Turm
07. Apr 1984 Lister Turm
05. Jul 1984 IGS Garbsen Garbsen

Ensemble


Konzept: Michael Habelitz,Wolfgang A. Piontek
Inszenierung: Wolfgang A. Piontek
Bühne: Michael Habelitz, Wolfgang A. Piontek, Frank Fuhrmann
Kostüme: Gabi Hoffmann
Musik: Matthias Gawriloff
Lichtdesign: Frank Fuhrmann

Hannoversche Allgemeine Zeitung | 23.03.1984
Versuch zum Jahr 1984
von b.w.

Die „Commedia Futura“ im FZH Lister Turm 

George Orwells Roman „1984“ und Aldous Huxleys „Brave New World“ standen Pate bei dem neuen Stück des freien Tanztheaters „Commedia Futura", „Machtwandler“, das jetzt im Lister Turm Premiere hatte.

Von der Unzulänglichkeit der Welt, symbolisiert durch individualistische Machtkämpfe, spannt sich der Bogen der lockeren Szenenfolge zum normierten Menschen in einer schönen neuen Welt. Durchnummerierte Wesen werden bei einem „Fest der Normierung” für ihre zweckmäßige Rolle programmiert und als „normierte Gesellschaftswesen“ auf den „großen Bruder“ verteidigt . Er ist das Symbol der Macht, ein gottähnliches Wesen, das auf einem Thron sitzt und als Insignien seiner Herrschaft eine Kindertute und eine Klapper in Händen hält. Besonders gelungen sind die Szenen, die die Arbeitswelt zeigen.

Bei den spaßigen Szenen, die die Normierung des sogenannten Freizeitbereichs aufdecken, bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Sonnenbadende, austauschbar in Gestik und Kleidung, und Partygäste, deren Phrasen die absolute Leere und Unverbindlichkeit aufzeigen. Die vermeintlich gut funktionierende neue Welt läuft am Ende Amok, nachdem sie ihren Lebensraum durch Ausbeutung und Umweltzerstörung selbst vernichtet hat. Auf einem Monitor treffen Meldungen über Zerstörungen, Verwüstungen, Angst, Selbsttötungen und kriegsähnliche Zustände ein. Die Gottheit stürzt vom Thron. In dieser visionären „Theatercollage“ ist das gesprochene Wort zugunsten der Kör-persprache bewusst vernachlässigt. Alle Darsteller sind den Anforderungen an ihre körperlichen Ausdrucksmittel gleichermaßen gewachsen.

Musik und Geräusche sind sehr wirkungsvoll in das Stück miteinbezogen. Der Spielort ist zum Teil von der Bühne in den Zuschauerraum hineinverlagert. Alles in allem: Ein gelungener Versuch, sich mit einem Thema, das uns auf den Nägeln brennt, künstlerisch auseinanderzusetzen.

 

 

 

Hannoversche Allgemeine Zeitung | 07.07.1984
Sieben Szenen um Macht zogen Publikum in Bann
von habe

Über weite Strecken hätte man die berühmte Stecknadel fallen hören können: Die „Commedia Futura“, eine achtköpfige Schauspieltruppe aus Hannover, bot bei ihrem Gastspiel vor etwa 150 Zuschauern im Forum der Gesamtschule fesselndes Theater. Die halbprofessionellen Akteure zeigten die selbstentwickelte Collage „Machtwandler“, Visionen vom ewigen Spiel um die Macht, um computergesteuerte Arbeitswelt und Normierungsrituale.

Das 1982 von dem Graphiker Wolfgang A.Piontek ins Leben gerufene Ensemble hatte sich für seine vierte Produktion von George Orwells Zukunftsroman „1984“ und Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“ zu improvisatorischen Assoziationen inspirieren lassen, die dem Zuschauer Freiraum für eigene Interpretationen offen lässt. Die sieben nahtlos aneinandergereihten Szenen verbindet als Leitmotiv die Macht einer Göttin mit ihrem Herrschaft und Schrecken verbreitenden Boten über die Menschheit.

Gezeigt werden monotone Arbeitswelten, in denen das Individuum sich der Botschaft des „Großen Bruders“ unterordnet und zur Nummer degradiert und bis in die Gestaltung der Freizeit hinein normiert wird, bis die „Macht“ ihren Einfluss verliert und den Weg zur Apokalypse, dem Ende der Welt, freigibt. Mit für hiesige Verhältnisse ungewohnt ausgefeilter Lichtregie, mit dramaturgisch stimmig eingesetzter Musikuntermalung und mit bis in Details sorgsam ausgewählter Körpersprache gelangen der Gruppe Bilder von starker Suggestivkraft, die das vorwiegend junge Publikum mehr und mehr in ihren Bann zogen.

Auch die Mittel des Raumtheaters, die bei Verlagerung von Szenen in den Zuschauerraum sparsam eingesetzt wurden, erhöhten den positiven Gesamteindruck der knapp eineinhalbstündigen Aufführung. Was das Gesamtergebnis allerdings leicht trübte, waren die teilweise unbefriedigende Dialogregie und einige Längen, zum Beispiel bei den Normierungsritualen der Arbeitswelt und zum Schluss bei der Szene „Apokalypse“. Das Ensemble verdient dennoch ein Gesamtlob, dass das Publikum für Stefan Bochnig, Rita Grobmeyer, Michael Habelitz, Vidhai Kane, Andrea Langhein, Wolfgang A. Piontek, Ingrid Wöckener und Katinka Zechner durch starken Beifall ausdrückte.

 

 

 

 

Plakat:
Machtwandler
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