... vom außerordentlich hohen Niveau der Commedia Futura ... In der Performance der Commedia Futura ... bestimmte die Bild-Projektion die Dimension eines wohlanalysierten tänzerischen Bewegungsablaufs. (Frankfurter Rundschau)

„Nur oberflächliche Menschen urteilen nicht nach dem äußeren Erscheinungsbild. Das Geheimnis der Welt ist das Sichtbare, nichtdas Unsichtbare.“(Oscar Wilde)

Aus der Dunkelheit des 20. Jahrhunderts kommen sie: Ganz unterschiedliche Individuen, die die Bühne bevölkern, sich auf einer Cocktailparty langweilen.
Das Schlüsselloch gewährt Einblick in die Privatsphäre der Figuren. Doch die letzte Hülle ist noch nicht gefallen, der Nadelstreifenanzug menschlicher Kultur und Bildung hält Leib und Seele, Mann und Frau zusammen.

Lachst du, weine ich: Natürlich Beziehungskisten, in einem sich ständig wiederholenden alltäglichen Kreislauf, aus dem jeder in die eigene Phantasiewelt flüchtet.

Kindheitserinnerungen sind die wichtigsten Lebensäußerungen der Figuren, die sich – mit dem persönlichen Geheimnis auf den Lippen – zeitversetzt auf den Weg zur rituellen Reinwaschung ihres Seins machen. Nach vollzogener Reinigung rutschen die archetypisch angelegten Figuren sensationellen Tagesereignissen entgegen.

Die Mischform von Performance-Elementen und Bewegungstheater prägt den Stil dieser Arbeit. Das Stück ist eine durchaus amüsante Präsentation grotesker Bilder, die die Gewalttätigkeit eines sich ständig widerholenden Alltags, dem sich der einzelne Mensch nicht entziehen kann, parodiert.

 

 

 


Premiere am 07. Jan 1983,
insgesamt 17 Aufführungen zwischen dem 07. Jan 1983 und 28. Nov 1984

COMMEDIA FUTURA OnTour:
07. Jan 1983 3. Osnabrücker Film u. Performance Workshop Osnabrück
07. Jan 1983 3. Osnabrücker Film u. Performance Workshop Osnabrück
22. Apr 1983 Pavillion Hannover
29. Apr 1983 Historisches Museum Hannover
23. Mai 1983 U-Spielplatz der Künste Hannover
18. Aug 1983 Giorno del Teatrino Hannover
22. Okt 1983 Orly Hannover
17. Nov 1983 Bad Hannover
18. Nov 1983 Bad Hannover
16. Jan 1984 Jugend Kulturell Hannover
01. Jun 1984 Tage des experimentiellen Theaters München
02. Jun 1984 Tage des experimentiellen Theaters München
03. Jun 1984 Tage des experimentiellen Theaters München
21. Jun 1984 Kulturpark Lister Turm Lister Turm
26. Nov 1984 Lessingtheater Wolfenbüttel
27. Nov 1984 Lupe Braunschweig
28. Nov 1984 Aula Salzgitter

Ensemble


Konzept: Angelika Seremba, Doris Seiden
Inszenierung: Angelika Saremba, Doris Seiden
Bühne: Michael Habelitz, Wolfgang A. Piontek
Kostüme: Gruppe
Musik: Gruppe
Projektionen: Michael Habelitz, Wolfgang A. Piontek
Lichtdesign: Frank Fuhrmann

Hannoversche Allgemeine Zeitung | 15.03.1983
Tänze aus der "Beziehungskiste"
von KD

„Das Geheimnis“, dass die Tanzgruppe Commedia Futura vorzeigte, war der „Beziehungskiste“ entnommen. Mehrere Paare stellten Verhaltensweisen aus den Beziehungen zwischen Mann und Frau vor: Umschubsen des Partners wechselte in ein fesselndes Umklammern, graziöse Schritte in ein trampelndes Laufen, Streicheleinheiten und Umarmungen eines anderen Duos verwandelten sich plötzlich zu Auseinandersetzungen. In einer anderen Szene brachte der Tänzer, bekleidet mit einer auffallend derben Lederhose, seine Partnerin öfters zu Boden, aber es gelang ihr immer wieder, sich von ihm zu lösen.

Die aus Musikfetzen konstruierte Geräuschkulisse (per Tonband abgespielt) steigerte noch die Farbigkeit in den oft hektischen Körperbewegungen. Im Schlussteil steigerten die Tänzer und Tänzerinnen der Gruppe Commedia Futura ihren Tanz zum Höhepunkt: hilfloses Herumirren eines jungen Mannes, Schreie von der linken Seite, Tango-Tanzen in der Mitte, starres Ausharren aller Beteiligten.

Schädelspalter | 16.03.1983
Das Geheimnis
von ks

Die Tanzperformance zerfiel in zwei Teile' (wie es in Schulaufsätzen so schön heißt), deren erster sich mal wieder der sogennanten 'Beziehungskiste' annahm. Tut mir leid, es ist wohl ungerecht: aber dieses Thema bin ich speziell bei Performances satt. Offenbar sind die Ausdrucksgrenzen eng gesteckt: Gegensätze von Hart und Weich sind obligat, auch ihre Vertauschung und die stereotype, bewusste Wiederholung sind leider keine sehr originellen Einfälle, die ich in Hanno- vers halbprofesioneller Theaterszene auch schon besser gesehen habe (z.B. bei Gilgamesch).

Sei's drum – immerhin geben gewisse komödiantische Aspekte (eine Szene zwischen glattem Schmerbauch und Vamp) eine Richtung an, in die sich etwas entwickeln könnte. Der zweite Teil, eine Studie von Starre und Erregung, Euphorie und Ernüchterung war dicht, assoziativ und fesselnd - seinetwegen lohnt sich ein Besuch. Trotz aller Einwände: Commedia Futura bleibt eine Gruppe, die ihre Möglichkeiten sicher noch nicht erschöpft hat.

 

 

 

Braunschweiger Zeitung | 15.03.1983
Tödlicher Tango
von Gabriela Jaskulla

Ein Mann am Meer zeichnet mit einem Finger Linien in den Sand. Sucht er nach Muscheln? Malt er gedankenlos vor sich hin?  Bilder vom Meer, vom Auf und Ab der Wellen als einem Symbol für das Hin und Her menschlicher Beziehungen brachte die Theatergruppe „Commedia Futura“ aus Hannover am Sonnabend in den graugroßen Saal des FreiBiZe, wo die siebzehn jungen Leute auf Einladung der Initiative „theatron e. V.“ ihre theatralische Collage „Beziehungsmeer“ vor etwa zweihundertfünfzig Zuschauern spielten.

„Beziehungsmeer“ (in der zweiten Hälfte des Kompositums wahlweise auch mit „h“ zu schreiben) stammt aus der Feder des HBK-Schülers Wolfgang Piontek, der auch die Dias nach Motiven von Max Ernst, René Magritte u. a. gestaltete. „Beziehungsmeer“ zeigt die Suche eines Menschen, eines „Strandläufers“ in der Gesellschaft, nach einem idealen Partner. Frauen erscheinen diesem Mann (Michael Habelitz) mal als folienverdeckte, schillernde Wesen aus einem fremden Element, als stilisierte, geheimnisvolle „Meeresfrüchte“, dann aber als stets zu Aggressionen bereite. In einer Gruppe geschlossen agierende Figuren, die den Mann wie die Kugel im Flipperautomaten hin- und herschnellen lassen.

Irgendwann - wie, ist ebenso gleichgültig wie Gründe menschlichen Verhaltens -findet der „Beziehungsschwimmer“ (so Piontek) seine Partnerin (Katinka Zechner). Und wenn man nun versucht ist, über der Schönheit der getanzten und pantomimisch dargestellten Liebe die Distanz der beiden zu vergessen, so erinnert Teil II des Dialogs „Liebst du mich“ von Ronald D. Laing oder ein leitmotivisch benutzter Tango an die Tödlichkeit der Beziehungen: Man schiebt sich hin und her, man quält sich, der Partner macht mittels Erschießung anderen Partnern Platz, die wiederum abgelöst werden . . . Menschen enden als Strandgut, so zeigt „Beziehungsmeer“ eigentlich einen menschlichen „Sumpf“, dies aber in bedrückend schönen, ästhetisierenden, zuweilen filmhaften Einstellungen in Menschenbildern, die von der enormen tänzerischen und schauspielerischen Leistung, der sinnlichen Intensität der Darsteller und der Klang und Bildzusammenstellung lebten.

So überzeugte nicht nur der provozierende Inhalt des Stückes, sondern auch die Konzeption der „Commedia Futura“, die nach dem Vorbild der Pina Bausch und des Modern Dance einen eigenwilligen Stil zwischen klassischem Manierismus und Performance Kunst entwickelt hat.

 

Plakat:
Das Geheimnis
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