Kokett, leidenschaftlich, erzürnt und beschwörend, wild und freudig, frohlockend und erfahren ... wohlkomponierte und sinnfällige Bearbeitung einer in ihrer sprachlichen Schönheit wohl nicht zu überbietenden Liebeserklärung ... (HAZ)

 

Gefördert von dem Kulturamt der Stadt Hannover, dem MWK und dem Niedersächsischen Frauenministerium und der Sparda Bank.

Wie eine Lilie unter den Dornen, so ist meine Freundin unter den Schwestern. Ein Apfelbaum unter den wilden Bäumen, soist mein Freund unter den Söhnen. Unter seinem Schatten zu sitzen, begehre ich, und seine Frucht ist süß an meinem Gaumen. Er führt mich in den Weinkeller, und die Liebe ist sein Banner über mir. Er erquickt mich mit Traubenkuchen und labt mich mit Äpfeln; denn ich bin krank vor Liebe. Seine Linke liegt unter meinem Haupte und seine Rechte herzt mich. Ich beschwöre euch, ihr Töchter Jeruzalems, bei den Gazellen oder bei den Hinden auf dem Felde, daß ihr die Liebe nicht aufweckt oder stört, bis es ihr selbst gefällt.

Rückhaltloser wurde nie eine Sprache der Liebe erfunden, bildreicher nie die Schönheit der Geliebten gepriesen als im Hohelied. Es ist ein einziger, Welle um Welle anrauschender Liebesgesang – uns, unserer Sprache, unserem Empfinden so fremd, wie es keine Fremdsprache sein kann.

Aber Sprachen kann man lernen, und diesen alten Ton der Liebe kann man neu entdecken, ihm nachlauschen. Zwaantje de Vries hat sich aufgemacht zu dieser Entdeckungsreise. Sie spricht, singt, tanzt das Hohelied - unterstützt von Mark Roberts als Sänger – und es wird eine verlorene Welt wieder lebendig.

Unter der Regie von R’douan Baroud entstand dieses Solo für eine Darstellerin, mit dem COMMEDIA FUTURA die Zusammenarbeit mit internationalen Künstlern ein Stück weitergeführt hat. Baroud arbeitet als Choreograph und Regisseur in den Niederlanden, von wo auch Zwaantje de Vries stammt.


Premiere am 02. Sep 1994,
insgesamt 11 Aufführungen zwischen dem 02. Sep 1994 und 01. Okt 1994

Ensemble


Inszenierung: R'douan Baroud
Bühne: R'douan Baroud, Sven Kranich
Kostüme: Heike Schröder
Musik: Gerd Jacob
Gesang: Mark Roberts

Hannoversche Allgemeine Zeitung | 08.09.1994
Schön gesagt - Die Eisfabrik zeigt das „Hohelied“ als Bühnenstück
von S.D.

„Wie eine Lilie unter den Dornen, so ist meine Freundin unter den Schwestern. Wie ein Apfelbaum unter den wilden Bäumen, so ist mein Freund unter den Söhnen. Unter seinem Schatten zu sitzen, begehre ich, und seine Frucht ist süß an meinem Gaumen.“ Solcherart waren die Worte; gesprochen in zärtlicher Leidenschaft, gesungen mit einer Stimme, klar wie ein Bergbach, getanzt mit einem Körper, dessen Öffnung für diesen rückhaltlosen Liebesgesang in Bewegungen voller Schönheit und Kraft mündete. Die kargrauhen Wände des Raumes, die schlicht von der Decke hängenden Stricke, die brennende Öllampe im Hintergrund; solcherart war die Gestaltung des Bühnenbildes, das den Rahmen für ein Arrangement von Gesang, Sprache, Tanz und Licht lieferte, deren einziges Thema nur die Liebe sein kann.

„Das Hohelied“, diese Sammlung alttestamentarischer Liebes- und Hochzeitslieder, wurde in der hannoverschen Eisfabrik von der Tänzerin Zwaant je de Vries und dem Sänger Mark Roberts zu einem Gesangs- und Bewegungsstück geformt, das man schwerlich anders als ein Gebet an die Liebe bezeichnen kann. Kokett, leidenschaftlich, erzürnt und beschwörend, wild, freudig, frohlockend und erfahren -Zwaantje de Vries deckt mit ihrer spielerischen Präsenz die reichhaltige Palette der Gefühlswelt einer Liebenden ab. Dabei immer in Korrespondenz mit ihrem Körper stehend, dessen Gebärdensprache den gesprochenen Worten ohne Mühe folgt. Im Dialog mit ihrem „Geliebten“, verkörpert von Mark Roberts, entspinnt sich ein Liebeswerben von wilder, ursprünglicher Kraft. Ganz von allein entstehen die Bilder von den grünen Weiden und sanften Höhen, sieht man die Weinberge, auf denen sich die Liebenden begegnen.

An einigen Stellen gibt es Längen, wenn sich die Tänzerin in ihren Bewegungen verliert, an anderen gerät ihre Darstellung brennender Sinnlichkeit zu übersteigerter, pathetischer Gestik. Doch das bleiben Ausnahmen. Insgesamt ist hier unter der Regie von R’douan Baroud die wohlkomponierte und sinnfällige Bearbeitung einer in ihrer sprachlichen Schönheit wohl nicht zu überbietenden Liebeserklärung gelungen.

Hannoversche Evangelische Zeitung | 08.09.1994
Ich schlief, aber mein Herz war wach - Das Hohelied tänzerisch und mit Musik auf die Bühne gebracht
von Ralf Harnes

Wie ein Apfelbaum unter den wilden Bäumen, so ist mein Freund unter den Söhnen.- Er erquickt mich mit Traubenkuchen und labt mich mit Äpfeln; denn ich bin krank vor Liebe. Seine Linke liegt unter meinem Haupte und seine Rechte herzt mich.“ Worte voller Leidenschaft, voll Liebe und grenzenlosem Verlangen nach dem Geliebten. Der Fundort: das Alte Testament, genauer gesagt: das Hohelied. Vielwortig und mit für uns heute nur schwer verständlichen Bildern wird im Hohelied die Liebe zwischen Mann und Frau, auch im körperlichen Sinn, besungen.

Diesen Stoff wieder zum Leben zu erwecken, ihn dem heutigen Betrachter nahe zu bringen, hat sich die Holländerin Zwaantje de Vries vorgenommen. Ein schwieriger Gegenstand für die Bühne, doch Zwaantje de Vries hat das Hohelied eindrucksvoll tänzerisch interpretiert. Zusammen mit dem Sänger Mark Roberts entstand eine Mischung aus Tanz und Gesang, die eine einzige Huldigung an die Liebe darstellt. Unter der Regie von R’douan Baroud erweckt Zwaantje de Vries eine Welt wieder zum Leben, in der über die Liebe in blumigen Worten gesprochen wurde. Gegen die Verse des Hohelie-des erscheint unsere heutige Sprache karg und einfallslos. Aber viele der Vergleiche sind uns heute fremd, erscheinen uns skurril. Denn welcher Verliebte würde heute noch die Brüste seiner Angebeteten mit .jungen Zwillingen von Gazellen“ vergleichen? Zwaantje de Vries entfaltet auf der kleinen Bühne in der hannoverschen Eisfabrik die ganze Palette der Gefühle zwischen zwei Liebenden. Sie lockt ihren Geliebten, ist bald kokett, bald leidenschaftlich, dann wieder traurig, im nächsten Moment zornig, wild, naiv oder erfahren.

Ihr ausdrucksvoller Tanz und ihre ausgeprägten Gebärden unterstützen die Worte des Hohelieds. Langsam, mit Bewegungen die an das chinesische Schattenboxen erinnern, bewegt sie sich durch den Raum. Sie schafft es, Erotik in Tanzschritte und Gebärden umzusetzen, ohne daß das Gezeigte platt wirkt.

Auch Mark Roberts als ihr Widerpart, ihr Geliebter, brilliert. Seine klare und wandlungsfähige Stimme erweckt die alten Verse zu neuem Leben, holt die Leidenschaft, ja die pralle Erotik des Textes, hervor.
Die beiden Darsteller wirken echt, man nimmt ihnen das Werben umeinander und die Verliebtheit ab. Das karge Bühnenbild unterstützt dabei die Konzentration des Publikums auf die Darbietung. Einige Stricke baumeln von der Decke herab, im Hintergrund brennt ein kleines Öllämpchen, der Rest des Raumes ist in tiefes Schwarz gehüllt.

Und so fällt es der Phantasie des Zuschauers leicht, von der kargen Bühne zu den im Hohelied besungenen Hügeln des Libanons und den Weinbergen Palästinas zu wandern. Dorthin, wo sich die Protagonisten des Originals vergnügt hatten, in einem Liebesspiel, bei dem nichts und niemand sie stören sollte.

„Ich beschwöre euch, ihr Töchter Jerusalems, bei den Gazellen oder bei den Hinden auf dem Felde, daß ihr die Liebe nicht aufweckt und nicht stört, bis es ihr selbst gefallt.“

Ein Besuch in der Eisfabrik lohnt sich. Das Hohelied wird noch am letzten Wochenende im September und den beiden ersten Oktoberwochenenden jeweils von Freitag bis Sonntag um 20 Uhr in der Eisfabrik in Hannover gezeigt.   

Neue Presse | 20.09.1994
Im Hohen Lied der Bibel wird geturtelt, was das Zeug hält - Commedia Futura tanzt
von Jüv

„Deine Brüste sind zwei Zicklein", schwärmt er. „Deine Finger sind goldene Stäbe voller Türkise", entgegnet sie nicht minder begeistert. Haben die beiden, die da im aktuellen Stück der Commedia Futura agieren, den Verstand verloren?

Man kann es so nennen: Zwaantje de Vries und Mark Roberts sind angetreten, das alttestamentarische „Hohelied" zu interpretieren, jenen Lobgesang auf den ungetrübten Liebestaumel, den so mancher Unwissende im Blindtest gewiß nicht ausgerechnet der Bibel zuordnen würde. Und, weiß Gott, ungewohnt klingen solche Töne in unseren cool-dynamischen Zeiten: „Die Rundung deiner Hüfte ist wie Geschmeide, von Meisterhand gemacht..."

Dem Duo ist klar, worauf es sich eingelassen hat, und Konzessionen werden nicht gemacht. Der Tanz der Holländerin Zwaantje de Vries deckt unter der Regie ihres Landsmannes R'douan Ba-roud die volle Bandbreite von wohliger Entspannung bis zur Ekstase ab. Dazu der Gesang des jungen, in Deutschland gebürtigen Engländers Mark Roberts, der bei seinem Hannover-Debüt mit glasklarer Stimme Akzente der selten gehörten Art zu setzen weiß.
Und beide turteln, was das Zeug hält, versuchen, das Ideal einer unbedingten Liebe über die Rampe zu bringen, einer Liebe, die von sich aus und jenseits aller gegenseitigen Forderungen existiert.

Die Zusamenstellung der biblischen Zitate geriet schwierig: „Es gibt", weiß Zwaantje de Vries im Gespräch zu berichten, „beim Hohelied ganz unterschiedliche Übersetzungen." Nicht nur deshalb ist das Stück ein riskantes Unternehmen, das gewiß seine Schwächen hat. Der Sprachduktus der Protagonistin etwa scheint gewöhnungsbedürftig, was von den Besuchern höchst unterschiedlich aufgenommen wurde.

Gleichwohl liefert Commedia Futura hier eine wichtige Inszenierung ab, die, oh Wunder, offenbar durchaus einen Nerv der Zeit anbohrt: Die Publikumsresonanz war bislang (vor allem angesichts der Fülle an Konkurrenzveranstaltungen) erfreulich gut. Sollte den Leuten am Ende das dämliche Rudelgebumse auf den privaten Fernsehkanälen ebenso zum Halse heraushängen wie der seelenlose Quickie auf der heimischen Lagerstatt?

Plakat:
Das Hohelied
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